X – Ein Buchstabe als Wortmarke?

Ist es möglich einen einzelnen Buchstaben als Wortmarke anzumelden? Grundsätzlich ja. Hier am Beispiel der Wortmarke X erläutert.

Im Oktober 2022 hatte Elon Musk den Kurznachrichtendienst Twitter für rund 44 Milliarden US-Dollar gekauft. In der Folge krempelte der Gründer von PayPal das Unternehmen auf die ihm eigene Art gehörig um. So folgte im Jahr 2023 die Umbenennung von Twitter in „X“ und Anfang des Jahres 2024 verschwand die Domain twitter.com, so dass alle entsprechenden Aufrufe nunmehr auf x.com umgeleitet sind.

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Anmeldestrategie von X

Ein solches Rebranding musste folglich auch entsprechende Markenanmeldungen nach sich ziehen. Der Anfang wurde dabei in Jamaika gemacht, wo die Wortmarke „X“ mehrfach für jeweils eine Klasse von Waren- bzw. Dienstleistungen angemeldet wurde. Dies überrascht zunächst, zumal in Jamaika eine sogenannte Multiclass-Anmeldung möglich ist, also eine einzelne Markenanmeldung, in der die Waren- und Dienstleistungen aus mehreren Klassen beansprucht werden. Ist zwar spekulativ, aber ich denke, dass man für die jeweiligen Geschäftsfelder auch voneinander getrennte Marken haben wollte und bereits davon ausgegangen ist, dass es bei der Auswahl der einen oder anderen Klasse Probleme mit dem Amt oder Wettbewerbern geben könnte. Ein knappes halbes Jahr später wurden dann entsprechende nationale und regionale Nachanmeldungen unter Inanspruchnahme der Priorität aus Jamaika eingereicht. So auch beim Amt für geistiges Eigentum der Europäischen Union (EUIPO), um mehrere Unionsmarken mit Wirkung in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu erlangen.

Einzelner Buchstabe als Wortmarke eintragbar?

Nun stellt sich zunächst die Frage, ob es denn überhaupt möglich ist, einen einzelnen Buchstaben, hier den Buchstaben „X“, als eine Wortmarke eintragen zu lassen. Hier ist die Unionsmarkenverordnung – wie auch andere Gesetze – sehr klar. So ist in Art. 4 (1) UMV unzweideutig ausgeführt, dass Unionsmarken Zeichen aller Art sein können, insbesondere Wörter, Buchstaben, Zahlen usw. Mithin ist „X“ grundsätzlich als Wortmarke eintragbar.

Ferner muss auch ein Buchstabe – wie jede andere Markenform – die weiteren Eintragungsvoraussetzungen erfüllen, nämlich insbesondere Unterscheidungskraft aufweisen und nicht freihaltebedürftig sein. Unterscheidungskraft ist dabei die Eignung der Marke, hier des Buchstabens, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Freihaltebedürftig sind hingegen Marken, die – allgemein gesprochen – ausschließlich aus Zeichen bestehen, die der Beschreibung der beanspruchten Waren- und Dienstleistungen dienen können.

Entscheidungen des EUIPO zum Buchstaben X

Bei einer der Markenanmeldungen des Buchstabens „X“ konnten die beiden letztgenannten Eintragungshindernisse nicht überwunden werden. Zumindest ist dies die Sichtweise des EUIPO nach Prüfung der Markenanmeldung. Konkret wurde die Wortmarke „X“ für Dienstleistungen der Klasse 41 angemeldet, nämlich unter anderem für die „Veröffentlichung von Blogs oder Videoblogs“. Nach Auffassung des Prüfers würden die Verbraucher den Buchstaben „X“ als eine Information im Sinne von „x-rated“ wahrnehmen. Mit „X“ markierte Produkte sollen regelmäßig Inhalte kennzeichnen, die
nur für Erwachsene zugänglich und nicht jugendfrei sind.

Somit stellte das Amt fest, dass der Buchstabe „X“ die Art des angebotenen Dienstes beschreiben kann und somit freihaltebedürftig sei. Aufgrund des beschreibenden Charakters des Buchstabens „X“ in Bezug auf die Dienstleistung „Veröffentlichung von Blogs oder Videoblogs“ könne somit auch die Hauptfunktion einer Marke nicht erfüllt werden, nämlich die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, so dass auch die geforderte Unterscheidungskraft fehle.

Neben der Wortmarkenanmeldung für die Klasse 41 wurden auch die Anmeldungen des Buchstabens „X“ für die Klassen 9 und 45 in den parallelen Prüfungsverfahren zurückgewiesen, wobei die Argumentation der Prüfungsstelle im Wesentlichen dieselbe war. In diesen drei Verfahren besteht nunmehr die Möglichkeit einer Beschwerde gegen die Entscheidung.

Bei vier weiteren Prüfungsverfahren, die die Klassen 35, 36, 38 und 42 betreffen, hat das Amt jedoch keinen beschreibenden Charakter des Buchstabens „X“ für die beanspruchten Dienstleistungen feststellen können, so dass dort nunmehr die dreimonatige Widerspruchsfrist läuft. Innerhalb der Widerspruchsfrist können Inhaber eingetragener älterer Marken Widerspruch gegen die Wortmarke „X“ einlegen. Wenn man sich die Vielzahl der bereits registrierten Marken mit einem stilisierten „X“ vor Augen führt, ist ein Widerspruch auch gar nicht so unwahrscheinlich.

Insgesamt dürfte die markenrechtliche Situation dem derzeit reichsten Mann der Welt aber eher nicht den Schlaf rauben …