Ein eingetragenes Design für den Legostein?

Bei meinem letzten Besuch in München war ich freudig überrascht, dass es in der Innenstadt mittlerweile einen LEGO-Store gibt. Als LEGO-Veteran musste ich mir das natürlich genauer ansehen und war trotz des modernisierten Erscheinungsbildes doch noch immer begeistert von dem schlichten Grundkonzept eines Spielzeugs, mit dem man sich in Sachen Kreativität richtig austoben konnte und kann. Nicht umsonst genießen die Bausteine von LEGO einen enormen Bekanntheitsgrad weltweit.

Den vorliegenden Blogbeitrag können Sie sich auch in unserem
Podcast Patent, Marke & Co. anhören.

Um den wirtschaftlichen Erfolg der Bausteine abzusichern, versuchte die Dänische Firma LEGO bereits in der Vergangenheit, Ihre Bausteine durch entsprechende gewerbliche Schutzrechte vor Nachahmern zu schützen. Dies betraf anfangs insbesondere den klassischen quaderförmigen Stein mit 4×2-Noppen auf der Oberseite und einer entsprechenden Anzahl von Aufnahmen auf der Unterseite. Da ein Geschmacksmuster bzw. eingetragenes Design lange nach der Markteinführung nicht mehr in Frage kam, versuchte man sich an der Eintragung einer 3D-Marke auf den klassischen Baustein. Allerdings erteilte der Bundesgerichtshof diesem Ansinnen letztlich eine Absage, da die neben der quaderförmigen Grundform verbleibenden Merkmale ausschließlich der Herbeiführung einer technischen Wirkung, hier der Verbindung der Spielbausteine, dienen sollen, was einer Eintragbarkeit als Marke entgegenstand.

Nur weil es bei dem klassischen LEGO-Baustein nicht gelungen war, ein Design eintragen zu lassen, so schließt dies die Eintragbarkeit des Designs anderer bzw. neuer Legobausteine keineswegs aus. So wurde denn auch im Jahr 2016 ein neuer Baustein zum Geschmacksmuster in der Europäischen Union angemeldet. Der Baustein erinnert zunächst an eine klassische LEGO-Platte. An der Unterseite sind 4×3 Aufnahmen für die Noppen eines anderen Bausteins vorgesehen, während an der Oberseite Noppen vorgesehen sind. Abweichend vom klassischen Aufbau eine LEGO-Platte sind bei dem neuartigen Stein jedoch nicht 4×3 Noppen an der Oberseite vorgesehen, sondern lediglich eine zentrale Reihe von 4 Noppen. Im Übrigen ist die Oberseite zu beiden Seiten der Noppenreihe als glatte Oberfläche ausgebildet.

Gegen diesen Schutz hatte ein Konkurrent Einwände, der eine Nichtigkeit des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters beantragte, wobei die Angelegenheit letztlich bis zum Europäischen Gericht verfolgt wurde, das abschließend zu entscheiden hatte. Gestützt wurde der Nichtigkeitsantrag im Wesentlichen auf den Artikel 8 der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung. Nach Art. 8 Abs. 1 GGV soll ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster nämlich nicht an Erscheinungsmerkmalen eines Erzeugnisses bestehen, die ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind. Sprich: Der Antragsteller vertrat die Auffassung, das alle Merkmale der eingetragenen LEGO-Platte mit der einzelnen Noppenreihe an der Oberseite ausschließlich technisch bedingt seien.

Dem schloss sich das Europäische Gericht in seiner Entscheidung von Anfang des Jahres 2024 (T 527/22) jedoch nicht an. Das Gericht sah zumindest in den bereits zuvor angesprochenen glatten Oberflächen seitlich der 4er-Noppenreihe auf der Oberseite keine technische Funktion. Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass sich die Eintragbarkeit auch aus dem dritten Absatz des Artikels 8 GGV ergibt. Hierin ist eine Ausnahmeklausel enthalten, dergemäß ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster auch dann bestehen soll, wenn dieses zum einen die grundlegenden Voraussetzungen an ein Geschmacksmuster erfüllt und darüber hinaus dem Zweck dient, den Zusammenbau oder die Verbindung einer Vielzahl von untereinander austauschbaren Erzeugnissen innerhalb eines modularen Systems zu ermöglichen. Wen wundert’s, dass diese Ausnahmeklausel zwar nicht offiziell, aber umgangssprachlich als „LEGO-Klausel“ bezeichnet wird.