Nach einem Gespräch mit einem neuen Kontakt schloss mein Gegenüber mit den Worten „Vielen Dank, Herr Rechtsanwalt Leckel“. Naturgemäß ist das Gespräch damit nicht beendet, zumal zunächst noch pflichtbewusst klargestellt werden muss, dass ein Patentanwalt gerade kein Rechtsanwalt ist. Gewissermaßen ein Klassiker. Tatsächlich ist der Irrtum weit verbreitet, dass es sich bei einem Patentanwalt lediglich um einen spezialisierten Rechtsanwalt handelt. Dabei unterscheiden sich die Ausbildungswege ganz grundsätzlich, selbst wenn sich die Rechtsgebiete überlappen, auf denen beide beraten und vertreten dürfen.
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Ein Rechtsanwalt startet seine Ausbildung mit dem Beginn eines Jurastudiums. Im Rahmen des Jurastudiums wird das erste juristische Staatsexamen und anschließend das zweite juristische Staatsexamen absolviert, ehe der Absolvent als Rechtsanwalt zugelassen werden kann. Meine Rechtsanwaltskollegen mögen mir diese knappe Darstellung des durchaus anspruchsvollen Werdegangs verzeihen.
Bei einem Patentanwalt ist es – noch ehe die eigentliche Patentanwaltsausbildung beginnen kann – zunächst Voraussetzung, dass der Aspirant ein vollständiges technisches Hochschulstudium absolviert haben muss. Bei dem technischen Studium kann es sich beispielsweise um Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie, Physik oder Informatik handeln, das mit einem Diplom oder einem Master abgeschlossen wird. Unter einem Hochschulstudium ist dabei ein Studium an einer Universität zu verstehen, nicht an einer Fachhochschule. Fachhochschülern steht ein anderer Weg offen, der hier jedoch nicht näher beleuchtet werden soll. In meinem Fall handelte es sich um ein Maschinenbaustudium an der Technischen Universität Berlin, das ich – noch vor der Bologna-Reform – mit dem Titel eines Diplom-Ingenieurs im Maschinenbau abschloss. In jedem Fall wird durch die Voraussetzung eines technischen Hochschulstudiums sichergestellt, dass man als späterer Patentanwalt technische Sachverhalte verstehen und beschreiben kann, um somit als Vermittler zwischen Technik und Recht dienen zu können.
Praktisch ist bei der Voraussetzung eines vorangestellten technischen Hochschulstudiums, an das sich grundsätzlich auch noch eine Promotion anschließen kann, dass der Student oder Absolvent den Gedanken an eine Patentanwaltsausbildung noch gar nicht haben musste. Auch kann er bzw. sie die Patentanwaltsausbildung auch sein lassen, um als vollwertiger Ingenieur, Physiker, Chemiker o.ä. direkt in die Industrie zu gehen oder sich selbstständig zu machen. Ich selbst wurde schon während des Hauptstudiums auf den gewerblichen Rechtsschutz aufmerksam und absolvierte parallel zum Hauptstudium des Maschinenbaus ein freiwilliges dreisemestriges Ergänzungsstudium „Gewerblicher Rechtsschutz“ an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach dem Ende des Ergänzungsstudiums und vor Beendigung des Hauptstudiums war mir schon klar war, in welche Richtung die weitere berufliche Reise gehen sollte.
Entscheidet sich der Absolvent für eine Patentanwaltsausbildung, so beginnt diese bei einem Patentanwalt in einer Kanzlei oder einem Patentassessor in einer Industriepatentabteilung. Im Rahmen dieses Ausbildungsabschnitts, der mindestens 26 Monate dauert, lernt der Patentanwaltsbewerber, der auch als Patentanwaltskandidat bezeichnet wird, das grundlegende Handwerk eines Patentanwalts. Mithin ein echtes „Training on the job“. Begleitet wird dies von regelmäßigen regionalen Arbeitsgemeinschaften der Kandidaten und einem zweisemestrigen Fernstudium „Recht für Patentanwälte“, bei dem Einsendeaufgaben, Präsenzphasen und schriftliche wie mündliche Prüfungen den Kalender des Kandidaten über die normale Arbeitszeit hinaus füllen. Ich selbst habe diesen Ausbildungabschnitt in einer mittelgroßen Kanzlei in Wiesbaden absolviert.
Nach der Ausbildung in Kanzlei oder Patentabteilung folgt das sogenannte Amtsjahr in München, in dem man eine Art Praktikum am Patentamt sowie am Bundespatentgericht abzuleisten hat, um einen Einblick in die Arbeit von Patent- und Markenprüfern sowie Richtern am Bundespatentgericht zu erhalten. Der Begriff des Amtsjahres ist dabei etwas irreführend, zumal dieser Ausbildungsabschnitt mittlerweile nur noch zwei Monate am Patentamt und sechs Monate am Bundespatentgericht umfasst. Ugeachtet dessen ist das Amtsjahr nicht weniger aufreibend, eher im Gegenteil. Denn neben den Tätigkeiten bei Amt und Gericht findet eine intensive Vorbereitung auf die abschließende Patentanwaltsprüfung statt, beispielsweise im Rahmen von Kursen und Übungsklausuren. Ich spreche hierbei auch gerne von einer „rechtlichen Druckbetankung“, insbesondere im Bereich des Markenrechts, das bei den meisten Kandidaten in Kanzlei oder Patentabteilung von untergeordneter Bedeutung war. Der deutlich wichtigste Teil des Amtsjahres bestand jedoch in der Arbeit und Nacharbeit innerhalb einer selbst zu organisierenden Lerngruppe.
Hat man die Patentanwaltsprüfung, die in mehreren schriftlichen und einer abschließenden mündlichen Prüfung besteht, erfolgreich hinter sich gebracht, darf man sich Patentassessor nennen. Möchte man überdies auch freiberuflich tätig werden, so beantragt man die Zulassung zum Patentanwalt. Wird diesem Antrag stattgegeben, darf man sich „Deutscher Patentanwalt“ nennen. Bei mir war es im Jahre 2002 soweit, wobei ich die Kanzlei im Folgejahr gründete.
Die Ausbildungswege von Rechtsanwalt und Patentanwalt unterscheiden sich somit grundlegend. In der Folge darf ein Rechtsanwalt auf allen Gebieten des Rechts beraten und vertreten. Ein Patentanwalt, trotz eines der längsten Ausbildungswege in Deutschland, hingegen nur in speziellen Rechtsgebieten, insbesondere im Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken- und Designrecht. Mir ist jedoch bislang noch kein Patentanwaltskollege begegnet, der traurig darüber gewesen wäre, einen Mandanten wegen eines Verkehrsdelikts o. ä. nicht beraten oder vertreten zu dürfen.
Noch nicht geklärt wurde in diesem Beitrag, was ein „European Patent, Trademark and Design Attorney“ ist, welche Voraussetzungen ein „Vertreter von dem einheitlichen Patentgericht“ mitbringen muss. Diese Fragen werden im nächsten Blog-Beitrag beantwortet …