Erfindungen mittels „Künstlicher Intelligenz“

Es gibt sogenannte computer-implementierte Erfindungen. Also Erfindungen, deren wesentlicher Bestandteil die Software darstellt. Diese werden auch als „CII“ bezeichnet, wobei es sich um die Abkürzung des englischen Begriffs „computer-implemented inventions“ handelt. Wird auf derartige computer-implementierten Erfindungen ein Patent erteilt, so wird umgangssprachlich auch von einem „Softwarepatent“ gesprochen. Ein letztlich unzutreffender, aber griffiger Ausdruck.

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Der vorliegende Beitrag befasst sich jedoch nicht oder nicht vorwiegend mit computer-implementierten Erfindungen, sondern mit sogenannten computer-generierten Erfindungen. Diese werden häufig auch mit „CGI“ abgekürzt, was wiederum aus dem Englischen kommt, wo derartige Erfindungen als „computer-generated inventions“ bezeichnet werden. Es geht also um Erfindungen, die von einem Computer bzw. einer Künstlichen Intelligenz (KI) generiert wurden, nicht vom Menschen. Somit ist zunächst festzuhalten, dass eine computer-generierte Erfindung (CGI) auch eine computer-implementierte Erfindung (CII) sein kann, aber keineswegs darauf beschränkt ist. Vielmehr können auch ganz handfeste Maschinenbauteile o. ä. von einer KI erfunden werden.

Aber kann eine KI tatsächlich eine „Erfindung“ machen? Oder setzt eine Erfindung einen Geistesblitz voraus, der zwar einen Menschen, aber keinen Computer ereilen kann? Muss die KI begreifen, was sie da tut? Hier hat sich weitgehend die Meinung durchgesetzt, dass auch eine KI eine Erfindung machen kann. Dies unter anderem deswegen, weil der unspezifische Begriff einer „Erfindung“ im Gesetzestext schlicht als eine „technische Lehre“ angesehen wird. Füttert also beispielsweise ein Nutzer ein KI-gestütztes Konstruktionsprogramm mit der Aufgabe, ein Getriebe zeichnerisch darzustellen, das gewissen Anforderungen gerecht werden soll, so stellt die von der KI ausgespuckte Konstruktionszeichnung eine „technische Lehre“ in diesem Sinne dar.

Wenn eine KI also eine Erfindung machen kann, soll diese computer-generierte Erfindung dann auch durch ein Patent geschützt werden können? Dies ist zum einen eine politische Frage, die u.a. das Europäische Parlament in einer Resolution aus dem Jahr 2020 beantwortet hat, dergemäß technische Schöpfungen, die durch eine künstliche Intelligenz generiert wurden, im rechtlichen Rahmen gewerblicher Schutzrechte geschützt werden sollten. Zum anderen stellt sich die Frage, ob ein Patentschutz für computer-generierte Erfindungen durch das bestehende Patentgesetz ausgeschlossen sein könnte. Dies wird vom Bundespatentgericht verneint, das u.a. in der DABUS-Entscheidung (BPAtG 11 W (pat) 5/21) klarstellt, dass es für eine patentrechtliche Beurteilung einer Erfindung ohne Belang ist, auf welchen tatsächlichen Werdegang sich die Erfindung gründet. So soll es ausdrücklich gleichgültig sein, ob die Erfindung auf bewusstem Denken, systematischem Arbeitseinsatz, auf der Ausnutzung zufällig aufgedeckter naturgesetzlicher Zusammenhänge oder eben dem Einsatz einer KI beruht.

Mithin scheint einer Patentierung computer-generierter Erfindungen nichts mehr im Wege zu stehen. Man lässt die KI eine Erfindung machen und reicht eine auf die Erfindung gerichtete Patentanmeldung ein, wobei wahrheitsgemäß der Name der künstlichen Intelligenz als Erfinder in der obligatorischen Erfinderbenennung angegeben wird. Aber letzterem hat sowohl das Bundespatentgericht (BPAtG 11 W (pat) 5/21) als auch die Juristische Beschwerdekammer (J8/20) in den sogenannten DABUS-Entscheidungen einen Riegel vorgeschoben. In der zugrundeliegenden ursprünglichen Patentanmeldung wurde die KI namens „DABUS“ als Erfinder benannt, nämlich mit den Worten „DABUS – Die Erfindung wurde selbständig durch eine künstliche Intelligenz erzeugt“. Gericht und Kammer kamen – wenngleich mit unterschiedlichen Begründungen – zu demselben Ergebnis, dass es sich bei Auslegung der zugrundeliegenden patentrechtlichen Regelungen bei einem Erfinder nur um eine natürliche Person handeln kann. Also kann – wie eingangs erläutert – eine KI zwar eine Erfindung machen, darf aber nicht als Erfinder benannt werden, zumal hierfür nur eine natürliche Person in Frage kommt. Klingt paradox, ist aber so.

Zumindest einen Teilerfolg hat die Patentanmelderin mit einem Hilfsantrag vor dem Bundespatentgericht erzielt. So wurde in dem Hilfsantrag die natürliche Person des Anmelders mit Vor- und Nachnamen auch als Erfinder benannt. Außerdem wurde der Erfindername in der Benennung mit dem Zusatz versehen, dass der genannte Erfinder „die künstliche Intelligenz DABUS dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren“. Dem hat das Bundespatentgericht stattgegeben. Diese Entscheidung des Bundespatengerichts ist jedoch noch nicht rechtskäftig, zumal der genannte Zusatz die Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamtes dazu veranlasst hat, Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Bundespatentgerichts einzulegen, die in dem Zusatz einen Verstoß gegen die Patentverordnung und weitere Normen sieht. Somit muss nun der Bundesgerichtshof über die Rechtmäßigkeit dieser Erfinderbenennung mit Zusatz entscheiden. Bis dahin heißt es „abwarten“ …

Da die Entscheidungen im Übrigen recht deutlich waren, sollte man bei seinen Patentanmeldungen zu computer-generierten Erfindungen in jedem Fall eine natürliche Person in der Erfinderbenennung aufführen. Wer diese natürliche Person sein sollte bzw. könnte, ist m. E. noch diskussionswürdig. Sollte es der Entwickler der KI sein, die wiederum die Erfindung generiert hat? Vielleicht die Person des Anmelders? Oder eher der Nutzer, der die KI dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren? Mir erscheint letzteres sinnvoll und zielführend. Auf den noch vor dem BGH zu diskutierenden Zusatz in der Erfinderbenennung kann nach meinem Verständnis verzichtet werden. Sofern man die KI überhaupt erwähnen möchte, so enthält die Entscheidung der Juristischen Beschwerdekammer (J8/20) des Europäischen Patentamts einen sinnvollen Vorschlag, nämlich dies direkt in der ursprünglichen Beschreibung der Patentanmeldung zu tun.

Ob eine KI zukünftig tatsächlich wegweisende Erfindungen mit entsprechenden Patenten zu generieren vermag, das bleibt abzuwarten. Selbst wenn nicht, so können die Ergebnisse der KI vielleicht zumindest eine Anregung für den menschlichen Erfinder enthalten, in eine bestimmte Richtung zu denken, an die vormals noch gar nicht gedacht wurde. Spaß macht der Einsatz KI-gestützter Software allemal …