Europäisches Patent erteilt. Welche Länder wählen?

Wenn das Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt (EPA) wunschgemäß verläuft, stellt die Prüfungsabteilung früher oder später eine Patenterteilung aufgrund der vorliegenden Anmeldeunterlagen in Aussicht. Ist dies der Fall, müssen unter anderem die Patentansprüche noch in die beiden anderen der insgesamt drei Amtssprachen Deutsch, Englisch und Französisch übersetzt und eine Erteilungsgebühr bezahlt werden, ehe es zu der angestrebten Patenterteilung und deren Veröffentlichung kommt.

Den vorliegenden Blogbeitrag können Sie sich auch in unserem
Podcast Patent, Marke & Co. anhören.

Bereits wenn das Patentamt die Patenterteilung in Aussicht stellt, sollte sich der Patentanmelder bzw. angehende Patentinhaber darüber Gedanken machen, in welchen Ländern des Europäischen Patentübereinkommens überhaupt ein Patentschutz gewünscht ist. Über eine Europäische Patentanmeldung kann nämlich ein Schutz in derzeit 44 Staaten erzielt werden, nämlich in 39 Mitgliedsstaaten, 4 Validierungsstaaten und einem Erstreckungsstaat. Hinzugekommen ist seit Juni 2023 überdies die Option des sogenannten Einheitspatents, das ohne besondere nationale Erfordernisse in derzeit 17 der genannten 44 Staaten erlangt werden kann. Auch wird ab September 2024 noch ein weiterer Staat, nämlich Rumänien, für das Einheitspatent in Frage kommen. Die folgende Karte mit einer alphabetischen Auflistung der Länder können Sie auch hier herunterladen.

Grundsätzlich kann sich der Inhaber natürlich dafür entscheiden, einen Patentschutz in allen 44 Staaten zu realisieren. Dies ist jedoch in der Regel nicht zielführend, zumal meist nicht in allen Staaten gleichermaßen ein entsprechender Markt für das patentgeschützte Produkt besteht, der die Zahlung nationaler Jahresgebühren und eventuell anfallender weiterer nationaler Kosten rechtfertigen würde. Dabei kann die Auswahl auch derart eng sein, dass lediglich ein Staat ausgewählt wird, in dem das Patent letztlich Schutz entfaltet.

Bei der Auswahl der Staaten sollte die Unterscheidung zwischen Mitgliedsstaaten, Validierungsstaaten, Erstreckungsstaaten und denjenigen Staaten, in denen über ein Einheitspatent Schutz erlangt werden kann, zunächst außer acht gelassen werden. Entscheidend bei der Vorauswahl der einzelnen Staaten sollte die Frage sein, ob in dem jeweiligen Staat ein relevanter Absatzmarkt für das patentgeschützte Produkt besteht, der letztlich auch entsprechende Gewinne aus der durch das Patent verliehenen Monopolstellung gewährleistet. Unabhängig von der Relevanz bzw. Größe des Absatzmarktes in dem jeweiligen Staat sollte bei der Länderauswahl die Wichtigkeit des einzelnen Staates als Produktionsstandort für das patentgeschützte Produkt berücksichtigt werden. Letzteres um so mehr, als dass der Patentinhaber unmittelbar gegen die Herstellung des patentgeschützten Produkts in diesem Staat vorgehen kann.

Auf Grundlage der ausgewählten Staaten kann dann die weitere Vortgehensweise abgestimmt werden. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, wieviele der ausgewählten Staaten Mitglied des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht sind. Sind dies vier oder mehr, empfiehlt sich aus Kostengründen in der Regel ein Einheitspatent, das in 17 Staaten einheitlichen Schutz entfaltet. Jedoch müsste sich der Inhaber eines Einheitspatents damit abfinden, dass das Einheitspatent durch ein einziges Nichtigkeitsverfahren in allen 17 Staaten zu Fall gebracht werden könnte. Andererseits bestünde jedoch auch der Vorteil, dass mit einem zentralen Verletzungsverfahren gegen Patentverletzungen eines Patentverletzers in allen 17 Staaten vorgegangen werden könnte. Sind hingegen lediglich drei oder weniger der genannten 17 Staaten des Einheitspatents ausgewählt, sind separate Nationalisierungsmaßnahmen in diesen Staaten naheliegend. Entsprechendes gilt für ausgewählte Staaten, die gar nicht durch das Einheitspatent erfasst werden können. Letzteres gilt insbesondere für den in vielen Fällen wichtigen Markt des Vereinigten Königreichs.