„Russian Warship, Go F**k Yourself!“

Als Jahrgang 1972 gehöre ich zu denjenigen glücklichen Generationen, die einen Krieg nicht am eigenen Leibe erfahren mussten. Insofern sollte der Titel nicht dahingehend missverstanden werden, dass ich mich nunmehr einer der Kriegsparteien in der Ukraine anschließen möchte. Vielmehr handelt es sich bei dem Slogan „Russian Warship, Go F(uc)k Yourself!“ um ein Zitat eines ukrainischen Grenzsoldaten, als am 24. Februar 2022 der russische Kreuzer Moskva die Insel Snake Island in der Ukraine angegriffen hat. Eben diesen Slogan hat einer der Grenzbeamten zur Unionsmarke angemeldet, also einer Marke, die für alle Länder der EU eingetragen werden soll, unter anderem für die Waren Kleidung und Schmuck.

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Der Markenprüfer am Amt für geistiges Eigentum in der Europäischen Union (EUIPO) wies die Anmeldung jedoch zurück. Diese Entscheidung fußte auf einem absoluten Eintragungshindernis, das im Gegensatz zu der Unterscheidungskraft und dem Freihaltebedürfnis eher seltener zum Einsatz kommt. So ist in der Unionsmarkenverordnung (UMV) in Art. 7 (1) f) festgelegt, dass „Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen“, von der Eintragung ausgeschlossen sind.

Wenngleich das Wort „Fuck“ in der Anmeldung als „F**k“ teilweise unkenntlich gemacht wurde, so ist der Prüfer doch davon ausgegangen, dass der Verkehr das Zeichen zweifelsohne als das englische Wort „Fuck“ wahrnehmen und verstehen würde. In seiner Begründung führte das Amt denn auch aus, dass „Go Fuck Yourself“ nicht nur beleidigend und vulgär mit sexueller Konnotation wäre, sondern durch eine Eintragung der Marke auch die Tragödie, die die russische Invasion in der Ukraine für viele Menschen bedeutet, banalisieren würde. Es soll folglich ein Verstoß gegen die guten Sitten vorgelegen haben.

Gegen diese Entscheidung legte der Anmelder Beschwerde ein. Die Beschwerdekammer bestätigte im Ergebnis die Zurückweisung der Markenanmeldung. Jedoch machte sich die Kammer bei der Frage, ob tatsächlich ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt, einen „schlanken Fuß“, denn man prüfte das absolute Eintragungshindernis eines Verstoßes gegen die guten Sitten gar nicht, sondern ein anderes, nämlich die Unterscheidungskraft nach Art. 7 (1) b) UMV. Das ist legitim, zumal bereits das Vorliegen eines absoluten Eintragungshindernisses für eine Zurückweisung ausreicht.

So stellte die Kammer fest, dass der in Rede stehende Slogan konkret nicht geeignet sei, die Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens von den Waren/Dienstleistungen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden, um eine betriebliche Zuordnung zu gewährleisten. Die Marke soll also ihre wesentliche Funktion, nämlich die Herkunftsfunktion, nicht erfüllen. Vielmehr würde das fragliche Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen lediglich als werbend für Tapferkeit im Angesicht einer militärischen Übermacht wahrgenommen, nicht aber als Werbung für den Handel oder ein kommerzielles Unternehmen. Sprich: Der Slogan ist auf eine politische Botschaft reduziert. Überdies machte die Kammer gegenüber der Argumentation des Anmelders deutlich, dass sich dieser nicht auf bestehende Eintragungen anderer Marken berufen könne, bei denen es zu einer Eintragung kam, selbst wenn diese auf den ersten Blick unrechtmäßig erscheinen.

Die folgenden grundlegenden Hinweise kann der geneigte Markenanmelder aus der Entscheidung mitnehmen:

  1. Marken können gegen die guten Sitten verstoßen, wenn beispielsweise vulgäre und beleidigende Bestandteile enthalten sind, so dass eine entsprechende Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist.
  2. Slogans sind – wie jede andere Markenform – grundsätzlich eintragbar, allerdings müssen auch diese unterschieidungskräftig sein und es darf kein Freihaltebedürfnis oder eines der anderen absoluten Eintragungshindernisse vorliegen.
  3. Es hat keinen Sinn, gegenüber dem Amt – oder auch mir als dem vertretenden Patentanwalt – zu argumentieren, dass doch auch eine andere Marke unrechtmäßig in das Register eingetragen sei, um die Eintragbarkeit der eigenen Marke argumentativ zu stützen, denn hier gilt der Grundsatz: Es gibt keine Gleichheit im Unrecht.