In dem Blogbeitrag „Ein Patentanwalt ist kein Rechtsanwalt“ wurde bereits dargelegt, was ein Deutscher Patentanwalt ist bzw. welche Voraussetzungen man für die Erlangung dieses Titels erfüllen muss. Darüber hinaus dürften Ihnen bereits die Begriffe „European Patent, Trademark and Design Attorney“ oder „Vertreter vor dem einheitlichen Patentgericht“ begegnet sein. Auch das Führen dieser Titel setzt bestimmte Bedingungen voraus, die nachstehend erläutert werden sollen.
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Podcast Patent, Marke & Co. anhören.
Der Titel „European Patent, Trademark and Design Attorney“ muss zum bessern Verständnis zunächst in zwei Bestandteile zerlegt werden, nämlich zum einen in „European Patent Attorney“ und zum anderen in „European Trademark and Design Attorney“. Als „European Patent Attorney“ ist man vor dem Europäischen Patentamt (EPA) vertretungsbefugt, so dass man Patentanmeldeverfahren, Einspruchsverfahren und Beschwerdeverfahren für seine Mandanten am Europäischen Patentamt führen kann. Ein „European Trademark and Design Attorney“ ist hingegen berechtigt, Dritte vor dem European Union Intellectual Property Office (EUIPO) zu vertreten, einem Amt der Europäischen Union, um Marken und Designs mit Wirkung für die Europäische Union anzumelden, zu verteidigen oder zu bekämpfen. An die beiden Titel sind jedoch grundlegend andere Bedingungen geknüpft.
Als Deutscher Patentanwalt ist man nicht automatisch „European Patent Attorney“, um auch vor dem Europäischen Patentamt vertreten zu dürfen. Vielmehr muss zur Erlangung der Vertretungsbefugnis eine spezielle Prüfung absolviert werden, nämlich die Europäische Eignungsprüfung, die lediglich einmal im Jahr zeitgleich in den Ländern des Europäischen Patentübereinkommens durchgeführt wird. Voraussetzung hierfür ist zunächst – ähnlich wie bei der deutschen Patentanwaltsausbildung – ein natur- oder ingenieurwissenschaftliches Hochschuldiplom. Darüber hinaus muss ein mindestens dreijähriges Praktikum auf Vollzeitbasis unter Leitung eines bereits zugelassenen Europäischen Vertreters stattgefunden haben. Da mein deutscher Ausbilder nicht nur Deutscher Patentanwalt, sondern gleichermaßen „European Patent Attorney“ war, liefen meine deutsche und europäische Ausbildung parallel ab, was sehr häufig der Fall ist. Während ich mich nach dieser Zeit noch unmittelbar zu der Europäischen Eignungsprüfung anmelden konnte, wurde mittlerweile noch eine Vorprüfung installiert, um der Schwemme an Prüfungsteilnehmern Herr zu werden und in der Hauptprüfung ein höheres Niveau der Teilnehmer sicherzustellen. Die Hauptprüfung selbst beinhaltet in vier Teilen das Ausarbeiten einer europäischen Patentanmeldung, das Erstellen einer Erwiderung auf einen europäischen Prüfungsbescheid, das Verfassen eines Einspruchsschriftsatzes gegen ein europäisches Patent und die Beantwortung rechtlicher Fragestellungen. Die Herausforderung der Europäischen Eignungsprüfung ist weniger inhaltlicher Natur, zumal die deutsche Prüfung nach meinem Verständnis anspruchsvoller ist. Das Problem besteht vielmehr in dem engen zeitlichen Korsett zur Bearbeitung der Aufgaben. Nicht wenige Kollegen haben daher mehrere Jahre für die Eignungsprüfung gebraucht oder irgendwann sogar aufgegeben.
Mit dem Titel des „European Trademark and Design Attorneys“, der zur Vertretung in Sachen von Marken und Designs mit Wirkung in der Europäischen Union berechtigt, ist es deutlich einfacher. Als Deutscher Patentanwalt ist man nämlich befugt, sich in eine beim European Union Intellectual Property Office (EUIPO) geführte Liste zugelassener Vertreter auf Antrag eintragen zu lassen, um die Vertretungsbefugnis unkompliziert und ohne weitere Prüfung zu erlangen.
Festzuhalten ist somit zunächst, dass Sie bei der Konsultation eines Patentanwalts, der für Sie vor dem Europäischen Patentamt, also in Sachen Europäischer Patentanmeldungen und Patente, tätig werden soll, darauf achten müssen, dass dieser den Titel eines „European Patent Attorney“ und die damit verbundene Prüfung absolviert haben muss. Ein einfacher „European Trademark and Design Attorney“ kann Sie dabei nicht vertreten.
Nun sollte man meinen, dass die Qualifikation eines „European Patent Attorneys“ ausreichen sollte, um auch vor dem neu gegründeten einheitlichen Patentgericht vertreten zu dürfen. Schließlich erwachsen europäische Einheitspatente letztlich auf Antrag aus erteilten europäischen Patenten, für die man bereits als Vertreter zuständig sein durfte. Um jedoch zukünftig als „Vertreter vor dem einheitlichen Patentgericht“ tätig sein zu dürfen, wird man nicht nur „European Patent Attorney“ sein müssen, sondern vielmehr auch gezwungen sein, ein weiteres Studium zu absolvieren. Aus diesem Grunde wird derzeit vielerorts an der Konzeption neuer Studiengänge gearbeitet, die den Voraussetzungen an das geforderte weitere Studium genügen sollen. So oder so wird der Ausbildungsweg nochmal deutlich intensiver oder/und länger.
Erfreuliche Ausnahme für bereits seit längerem ausgebildete Deutsche Patentanwälte und „European Patent Attorneys“ – wie beispielsweise mich – ist eine noch bis 31. Mai 2024 geltende Altherren-Regelung. Dergemäß bringen die alten Haudegen bereits die Voraussetzungen mit, vor dem Einheitspatentgericht vertreten zu dürfen. Bedingung ist lediglich, dass man sich bis zum genannten Fristende in eine beim Einheitspatentgericht geführte Vertreterliste eintragen lässt, was ich auch zeitnah tat. Sollten Sie also bis 31. Mai 2024 Jubelmeldungen in sozialen Medien oder anderenorts hören, dass man jetzt endlich auch Vertreter vor dem Einheitspatentgericht sei, so darf sich zumindest Ihre diesbezügliche Bewunderung in Grenzen halten. Schließlich hat der Jubilar mit hoher Wahrscheinlichkeit lediglich unter Beweis gestellt, dass er oder sie in der Lage ist, einen entsprechenden Antrag auszufüllen und einzureichen.