Wie bereits in unserem Blogbeitrag „Patent: Wirkungen und Verwertungsmöglichkeiten“ dargelegt, sprechen Verbraucher einem patentgeschützten Produkt in der Regel eine besonders hohe Qualität zu. Um so verständlicher ist die Ambition eines Patentanmelders oder -inhabers, sein Produkt so früh wie möglich unter Hinweis auf ein angemeldetes oder bestehendes Patent zu bewerben. Eine solche Werbung mit einem Patentschutz kann jedoch Probleme mit sich bringen, die unter Umständen auch zu empfindlichen Schadensersatzansprüchen führen können.
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Dies musste eine Vertriebsgesellschaft erfahren, die auf Grundlage einer europäischen Patentanmeldung ihr Produkt mit dem Hinweis „patent pending“ gekennzeichnet und in Deutschland verkauft hat. Der Begriff „patent pending“ ist in den USA gängig und weist dort auf ein „angemeldetes Patent“ bzw. eine „anhängige Patentanmeldung“ hin. Mit Blick auf die deutschen Verkehrskreise hat das OLG München (6 U 3973/16) jedoch festgestellt, dass die Bezeichnung „patent pending“ von einem relevanten Teil der Verkehrskreise als „anhängiges Patent“, nicht aber lediglich als eine „anhängige Patentanmeldung“ verstanden wird. Nach Auffassung des Gerichts fand mithin eine Werbung mit einem erteilten Patent statt, wo bislang lediglich eine Patentanmeldung existierte. Als Folge wurde die Vertriebsgesellschaft aufgrund irreführender Werbung zu einer Schadensersatzzahlung verurteilt.
Stadium des Patentschutzes
Aus dem geschilderten Fall ist nicht nur ersichtlich, dass man Begriffe aus dem Englischen nicht unhinterfragt übernehmen sollte. Vielmehr wird auch ein wesentlicher Aspekt angesprochen, der bei einer Werbung mit Patentschutz berücksichtigt werden muss, nämlich das Stadium, in dem sich das Schutzrecht befindet. Hierbei sind drei Verfahrensstadien zu unterscheiden:
- Das Patent ist angemeldet, aber noch nicht vom Amt veröffentlicht.
- Das Patent ist angemeldet, wobei die Patentanmeldung vom Amt veröffentlicht wurde.
- Das Patent ist erteilt.
Im ersten Stadium, in dem die Patentanmeldung noch nicht durch das Amt veröffentlicht wurde, was in der Regel erst etwa 18 Monate nach dem Anmelde- oder Prioritätstag erfolgt, ist von einer Werbung abzuraten. Dies umso mehr, als dass aus einer unveröffentlichten Patentanmeldung keinerlei Rechte hergeleitet werden können. Auch müsste dann in jedem Fall ein entsprechender Hinweis enthalten sein, dass die Patentanmeldung eben noch nicht veröffentlicht ist und mithin keinerlei Rechte daraus geltend gemacht werden können. Unschwer zu erkennen, dass sich der gewünschte Werbeeffekt damit eher in sein Gegenteil verkehrt.
Im zweiten Stadium, in dem die Patentanmeldung durch das Patentamt veröffentlicht wurde, kann die Verwendung in der Werbung erwogen werden. Dies umso mehr, als dass eine amtlich veröffentlichte Patentanmeldung bereits Ansprüche auf angemessene Entschädigung auslösen kann (§ 33 PatG). Keinesfalls darf hierbei jedoch der Eindruck erweckt werden, dass es sich bei der offengelegten Patentanmeldung bereits um ein erteiltes Patent handelt. So wurden in der Vergangenheit neben dem eingangs genannten Begriff „patent pending“ bzw. „pat. pend.“ beispielsweise auch die Hinweise „DPa“, „D.P.a.“, „BPa“, „B.P.a.“ und „DBPa“ als irreführend angesehen, zumal der nachgestellte Buchstabe „a“ nicht im Sinne von angemeldet verstanden wird. Als zulässig wurden hingegen Bezeichnungen wie „Patent angemeldet“, „Pat. angem.“ oder „Patentanmeldung offengelegt“ angesehen.
Im dritten Stadium, also mit dem Erreichen eines erteilten Patents, wird es deutlich unkomplizierter. So wurde beispielsweise die Verwendung der Begriffe „Deutsches Patent“, „Deutsches Bundespatent“, „patemtamtlich geschützt“, „patentrechtlich geschützt“ oder „patented“ bzw. „patentiert“ als zulässig und somit als nicht irreführend angesehen.
Geografische Ausdehnung des Patentschutzes
Bei der vorangehenden Betrachtung der verschiedenen Stadien wurden im Wesentlichen nationale deutsche Patentanmeldungen bzw. Patente berücksichtigt. Es können jedoch auch zusätzlich oder ausschließlich Patente im Ausland bestehen, was einen fehlerfreien Werbehinweis deutlich komplizierter macht, wie dies anhand der nachstehenden Beispiele verdeutlicht werden soll:
Sollte beispielsweise ein Patent sowohl in Deutschland als auch im Ausland erteilt worden sein, so könnte der Werbehinweis „international patentiert“ oder „internationaler Patentschutz“ grundsätzlich in Frage kommen. In diesem Fall darf sich der Patentschutz aber nicht lediglich auf ein weiteres Land außer Deutschland erstrecken, vielmehr sollten Patente in mehreren bedeutenden Industrieländern, auch außereuropäischen, bestehen, um hier eine Irreführung zu vermeiden. Soweit ein europäisches Patent nach dem Europäischen Patentübereinkommen mit Wirkung eben auch in Deutschland erteilt wurde, so ist der Werbehinweis „Europäisches Patent“ oder „patentiert gemäß EPÜ“ zulässig.
Sollten nur Patente im Ausland bestehen, mithin nicht in Deutschland, ist noch größere Vorsicht geboten. So wurde der bereits erwähnte Hinweis „international patentiert“ als irreführend angesehen, da beim deutschen Publikum der Eindruck erweckt würde, dass gerade auch in Deutschland ein Patent besteht. Auch der pauschale Hinweis auf „ausländische Patente“ kann laut Rechtsprechung kritisch sein, wenn lediglich Patentschutz in zwei Ländern besteht. Bei ausschließlich ausländischen Patenten empfiehlt sich daher meist die konkrete Angabe der Länder, in denen tatsächlich Patentschutz besteht, also beispielsweise „US-Patent“ für ein in den USA bestehendes Patent.
Inhalt des Patentschutzes
Eine weitere Fehlerquelle bei der Werbung mit einem Patentschutz stellt das Abweichen des beworbenen Gegenstands von dem durch das Patent beanspruchten Gegenstand dar. Der beanspruchte Gegenstand ergibt sich aus den Ansprüchen bzw. dem Hauptanspruch des Patents. Zwar muss ein solcher Anspruchswortlaut nicht auch in der Werbung wiedergegeben werden, aber zumindest muss der Schutzgegenstand des Patents richtig erfasst und bezeichnet werden. Wenn beispielsweise ein Patent allein auf eine auswechselbare Schutzhülle für ein Smartphone existiert, so würde es als irreführend angesehen, wenn ein Smartphone in einer solchen Schutzhülle als „patentiertes Smartphone“ beworben würde. Schließlich besteht lediglich ein Patent für die Schutzhülle, nicht aber für das darin aufzunehmende Smartphone. Hier dürfte also allenfalls ein „Smartphone mit einer patentierten Schutzhülle“ beworben werden.
Zeitraum des Patentschutzes
Angenommen, das Patent wurde erteilt und es wurden die vorangehend genannten Hinweise bei der Werbung beherzigt, so ist ferner zu berücksichtigen, dass auch die Lebensdauer eines Patents endlich ist. So kann ein Patent beispielsweise nach der maximalen Laufzeit von 20 Jahren ablaufen oder durch Nichtzahlung von Jahresgebühren schon vorher erlöschen, wenn der Patentinhaber kein Interesse mehr daran hat. In diesem Fall muss auch die auf den Patentschutz hinweisende Werbung spätestens mit dem Erlöschen des Patents enden.
Entsprechendes gilt für Fälle, in denen das Patent in einem Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren erfolgreich widerrufen wurde. Selbst wenn der Widerruf noch nicht rechtskräftig ist, so muss zwingend ein entsprechender Hinweis auf den derzeitigen Widerruf ergänzt werden. Spätestens mit Rechtskraft eines solchen Widerrufs muss die Werbung vollständg eingestellt werden. Besonders knifflig kann es dabei werden, wenn das Patent nur teilweise widerrufen wurde, also unter Begrenzung von dessen Schutzbereich. Dann ist nämlich genau zu prüfen, ob das mit einem Patentschutz beworbene Produkt tatsächlich noch in den Schutzbereich des Patents fällt. Ist dies nicht mehr der Fall, so würde eine entsprechende Werbung als irreführend angesehen.
Fazit
Werbefachleute bringen in der Regel ein hohes Maß an Kreativität auf. Entsprechend kreativ sind aber auch Anwälte, wenn es gilt, eine irreführende Werbung beim Wettbewerber ihres Mandanten aufzuspüren. Insofern empfiehlt es sich vor jedweder Werbung mit Patentschutz, einen Patent- oder Rechtsanwalt zu konsultieren, um die zuvor angedeuteten Klippen sicher zu umschiffen.